Rede von Generalsekretär Ulrich
Schneider in Auschwitz
10. Mai 2015
Als
Generalsekretär der Internationalen Föderation der Widerstandskämpfer
Bund der Antifaschisten freue ich mich und bin stolz, dass
dieses großartige Projekt der europäischen Jugendbegegnung
unter der gemeinsamen Überschrift des historischen Gedenkens
erneut stattfinden konnte. Es ist eine bedeutende Aktion zum 70. Jahrestag
der Befreiung von Faschismus und Krieg, der in vielen Ländern
zurecht als Tag des Sieges begangen wird, um die gemeinsame
europäische Geschichte der Anti-Hitler-Kräfte zu begehen.
Es waren die Streitkräfte der
Alliierten hier in Auschwitz die Einheiten der sowjetischen
Armee , die die militärische Zerschlagung der Wehrmacht
und ihrer Verbündeten erreicht haben. Dafür danken wir ihnen.
Es waren aber in allen europäischen
Ländern und auch in Italien und Deutschland Frauen und Männer,
die Widerstand gegen den Faschismus an der Macht organisierten und
damit ihren eigenen Beitrag zur Befreiung leisteten. Auch ihnen gebührt
unser Dank.
Es ist an uns die Vertreter
der heutigen Generationen , mit dieser Aktion von den letzten
Überlebenden der Zeitzeugengeneration die Verantwortung zu übernehmen
für die Bewahrung der Erinnerung. Wir und insbesondere
ihr als Nachgeborenen sollten dieses Wissen, was ihr heute
und in Vorbereitung dieser Fahrt euch angeeignet habt, nicht nur für
euch behalten, sondern an Freunde, Bekannte oder in der Schule weitergeben.
Auschwitz ist das internationale Symbol
der rassistischen Vernichtungspolitik, die sich gegen jüdische
Menschen, gegen Sinti und Roma, gegen die slawischen Völker,
die als Untermenschen angesehen wurden, richtete. Sie wurden auch
hier in Auschwitz vernichtet durch Gas und andere Massenvernichtung,
aber auch durch die Ausplünderung ihrer Arbeitskraft für
den Profit zum Beispiel des IG Farben-Konzerns.
All das dürfen wir nicht vergessen,
wenn wir verhindern wollen, dass sich so etwas jemals wiederholt.
Doch wir können nicht nur erinnern, sondern wir müssen auch
feststellen, dass heute Neufaschismus, Rassismus, Xenophobie und Rechtspopulismus
in verschiedenen europäischen Ländern wieder ihr Haupt erheben.
Viele von euch kennen aus den eigenen Ländern solche neofaschistischen
Gruppen und Bewegungen.
Selbst im Europäischen Parlament
sind diese Kräfte vertreten. Die Ursachen für deren Aufschwung
sind unterschiedlich. Es sind reale politische und wirtschaftliche
Probleme in zahlreichen europäischen Ländern, auf die solche
Gruppen rassistische, nationalistische und extrem rechte Antworten
geben.
Wenn wir dieses sehen, müssen
wir gemeinsam Lösungen suchen, die die wirklichen Ursachen dieser
Probleme bekämpfen, und dürfen nicht den falschen Antworten
und Rattenfängern nachlaufen. Für uns bleibt die Losung
aktuell: Faschismus ist keine Meinung, sondern ein Verbrechen! Heute
gedenken wir hier in Auschwitz. Morgen werdet ihr in euren Alltag
zurückkehren mit dem Wissen und den Erfahrungen, die ihr
bei diesem großartigen Treffen habt sammeln können. Nehmt
diese Kraft mit und engagiert euch bei euch zuhause, in eurem Umfeld
für die Ziele einer gerechten, einer sozialen, einer demokratischen
Welt.
Die Überlebenden der Konzentrationslager
haben vor 70 Jahren geschworen, erst Ruhe zu geben, wenn der letzte
Schuldige vor den Richtern der Völker steht. Die Vernichtung
des Nazismus mit seinen Wurzeln ist unsere Losung, die Schaffung einer
neuen Welt des Friedens und der Freiheit ist unser Ziel!
Sie, die Überlebenden der faschistischen
Konzentrationslager und Haftstätten, werden es nicht mehr verwirklichen
können. Nun wird es auf euch, liebe Jugendliche, ankommen, das
Vermächtnis zu übernehmen und daran zu arbeiten.
Wir, und da spreche ich im Namen aller
gut 60 Mitgliedsverbände der FIR aus 25 europäischen Ländern,
Israel und Lateinamerika, zählen auf euch.